Meine ersten Eindrücke nach drei Monaten zum Leben in Österreich
LEBEN. Dazu gehört für mich das Wohnen, das Arbeiten, das Essen, seine Freizeit genießen zu können, sich mit Leuten zu treffen und Spaß zu haben.
Momentan ist das alles ja leider nur eingeschränkt möglich. Die Pandemie macht sich auch in Österreich noch stark bemerkbar. Das erschwert das Einleben in der neuen Stadt natürlich sehr.
WOHNEN. Wie bereits erwähnt konnten wir nicht direkt in eine neue Wohnung ziehen, sondern sind übergangsweise in einem kleinen Apartment (ein Zimmer mit mini Küche) untergebracht. Hier wird gewohnt und gearbeitet, was mir nach knapp 3 Monaten an manchen Tagen echt auf die Nerven geht. Ich wusste bereits vorher, dass ich mich erst richtig einleben kann, wenn wir eine Wohnung mit unseren Sachen um uns herum haben. Erst so kann ich mich wohl fühlen. Aber ich habe in der Zeit jetzt gelernt, mich mit dem Nötigsten zufrieden zu geben und andere Wege zu finden, um mich aufzuheitern. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich mich auf die Spülmaschine und eine größere Wohnung mit mehr Platz freue! Aber so weiß man auch die kleinen (für mich bisher so selbstverständlichen) Dinge wieder zu schätzen. Das Warten hat bald ein Ende und wir dürfen in knapp zwei Wochen in die neue Wohnung einziehen. Was man über Linz wissen sollte: Die Autobahn (A7) führt durch die Stadt und ist deshalb sehr präsent. Momentan wird auch noch eine zweite Autobahn (A26) gebaut um den morgendlichen Stau zu vermeiden, da viele Leute von außerhalb zum Arbeiten in die Stadt pendeln. Der Vorteil ist, man kommt super schnell von A nach B, der Nachteil ist natürlich der Lärm. Es gibt viele Neubauwohnungen, doch diese liegen meist zu nah an der Autobahn. Das hat die Wohnungssuche für uns etwas erschwert, da wir zwar gerne zentral aber etwas ruhiger wohnen wollten. Vergleicht man den Wohnungsmarkt in Linz mit dem in Stuttgart ist es hier jedoch deutlich entspannter. Angebot gibt es genug und man hat auch ausreichend Zeit die Anbieter zu kontaktieren. Die Österreicher selbst kaufen aber meistens direkt eine Wohnung. Gemietet wird hier eher selten.
ARBEITEN. Jeder der in dem letzten Jahr einen neuen Bürojob angefangen hat kann das sicher bestätigen: Nur Homeoffice in der Anfangsphase ist nicht sehr cool! Man möchte die Kollegen und das Unternehmen schnell kennenlernen, was durch die momentane Situation erschwert wird. Wir können zwar von Glück sprechen, dass sich das Arbeiten von Zuhause mit der heutige Technik so problemlos gestalten lässt und inhaltlich klappt die Einarbeitung natürlich auch. Doch das zwischenmenschliche bleibt hierbei leider auf der Strecke, bzw. läuft sehr schleppend. Die sonst zufälligen Gespräche in der Kaffeeküche oder auf dem Gang gehen verloren. Ich war bisher erst zweimal im Büro. Was bleibt bin ich, der Raum in dem ich sitze und die Themen, an denen ich arbeite. So verrückt das klingen mag, aber anfangs hat es sich für mich gar nicht nach einem neuen Job angefühlt, da ich das letzte Jahr in Deutschland ebenfalls von Zuhause gearbeitet hatte. Was ich jedoch schnell gemerkt habe ist, dass die Österreicher einen großen Wert auf die Work-Life-Balance legen. Gearbeitet wird Freitags normalerweise nur bis Mittag. Anschließend startet man in das Wochenende, geht raus in die Natur und genießt seine Freizeit. Der Freitagnachmittag ist hier heilig, da stellt auch keiner mehr einen Termin ein. Daran kann ich mich auf jeden fall gewöhnen.
ESSEN. Ich habe ja bereits in meinem ersten Blogeintrag erwähnt, dass Lebensmittel in Österreich teurer sind als in Deutschland. Linz liegt mit einem Lebensmittelindex von 69,56 weltweit auf Platz 130. Stuttgart belegt dagegen mit 56,49 Platz 256 (Stand 11.04.2021). Außerdem ist die Auswahl in den Supermärkten deutlich kleiner als in Deutschland und die Österreicher legen großen Wert auf heimische Produkte. Made in Austria wird hier groß geschrieben und sehr häufig als Werbemittel eingesetzt. Ich musste mit erschrecken feststellen, dass es hier keine Maultaschen gibt. Wenn man aus dem Schwabenländle kommt zählen die ja praktisch zu den Grundnahrungsmitteln. Das Pendant dazu sind hier die Knödel. Diese gibt es sowohl süß als auch salzig gefüllt in allen erdenklichen Variationen. Sogar einen Knödelautomat gibt es, aus dem man sich 24/7 Knödel rauslassen kann. Essen gehen fällt momentan ja leider raus, aber bestellt haben wir des Öfteren. Da war auch schon ein lecker Schnitzel mit Petersilienkartoffeln und Preiselbeeren dabei. Der Kaiserschmarrn steht noch auf der Liste. Diesen gibt es aber tatsächlich auch aus dem Tiefkühlfach im Supermarkt zu kaufen. Ich bin gespannt, wie der schmeckt. Was außerdem ein großes Learning war: In Österreich gibt es keine Pfandflaschen! Bei unserem ersten Einkauf haben wir verzweifelt den Pfandautomaten gesucht, ohne Erfolg. Die braven Deutschen geben nun mal die Flaschen ab. Es fühlt sich für mich immer noch falsch an, die Plastikflaschen einfach in den Müll zu schmeißen. Mal sehen, ob das vergeht.
FREIZEIT. Was mir definitiv super gut gefällt ist, dass die Menschen hier sehr naturverbunden und sportbegeistert sind und sich gerne draußen aufhalten. Vom Radeln über das Klettern bis hin zum Rollski Langlauf ist alles dabei. Letzteres habe ich hier das erste mal überhaupt gesehen und war ganz fasziniert. Hierbei hat man, wie beim Langlauf, zwei Stöcke in den Händen und klickt sich mit den dafür vorgesehenen Schuhen vorne auf dem Rollski ein. Dieser ist deutlich kürzer als der Langlaufski und hat unten eben Rollen. Sah echt spannend und anstrengend aus. Im Winter macht man das ganze dann im Schnee. Das schöne ist, dass man die kalte Jahreszeit in Österreich richtig nutzen kann, was mir in Deutschland rückblickend gefehlt hat. Da war es zwar kalt, aber der Schnee ist immer recht dürftig ausgefallen. Hier kann man Langlaufen, Skifahren oder geht rodeln und das alles ohne ewig fahren zu müssen. Dies gibt dem Winter einen ganz neuen Flair. Wir haben die Saison direkt genutzt und waren schon ein paar mal Skifahren. Von Oberösterreich (in dem Bundesland liegt Linz) ist das nächste, etwas größere Skigebiet Hinterstoder. Für einen einen Tagesausflug ist es dort super (ca. 1 Stunde entfernt von Linz). Wenn man etwas weiter fährt kommt man nach Hauser Kaibling (Fahrzeit von Linz ca. 2 Stunden) oder nach Obertauern (Fahrzeit von Linz ca. 2,5 Stunden). Beides sind große und echt schöne Skigebiete, welche ich empfehlen kann.
MITEINANDER. Sich mit Leuten treffen ist momentan ja leider nur beschränkt möglich. Doch bevor man sich mit jemandem trifft, muss man erstmal jemanden kennenlernen. Das ist gerade eher schwierig. Meine Erfahrungen dazu werde ich in einem der zukünftigen Blog Einträge schildern. Die Begegnungen bisher waren überwiegend beruflicher Natur oder fanden beim Einkaufen statt. Was ich bereits jetzt sagen kann, die österreichische Sprache hat zwar deutsche Züge, ist aber eine komplett eigene. Erst vergangene Woche stand ich im Supermarkt und war auf der Suche nach Kräuterquark. Als ich das gesamte Kühlregal der Milchprodukte durch hatte und bereits aufgeben wollte, fand ich durch Zufall den Bio-Kräutertopfen. Durch die teilweise grüne Verpackung war mir dieser aufgefallen. Anhand der Inhaltsstoffe konnte ich dann wie Sherlock Holmes kombinieren, dass es sich um Quark handelt. Und das war nicht die erste Sache. Hier gibt es viele Begriffe, die wir im Deutschen nicht kennen. Beim Einkaufen wird man gefragt ob man ein Sackerl (Tüte) braucht, die Kleidung wird im Kasten (Kleiderschrank) aufgehängt und wenn man mal zwischendurch Hunger hat gibt es eine Jause (kleine Zwischenmahlzeit/Vesper). Was ich sehr amüsant finde ist der Hosensack = „die Hosentasche“. Heuer hat nichts mit dem deutschen Wort „heute“ zu tun sondern bedeutet „dieses Jahr“. Was ich tatsächlich bereits selbst in Gebrauch habe ist: „Es geht sich nicht aus“. Diese Aussage wird verwendet, wenn man beispielsweise eine Verabredung nicht einhalten kann oder ein Meeting verschieben muss. Außerdem wird „passt schon“ sehr häufig benutzt. Was in Deutschland eher negativ behaftet ist, gilt hier als freundlich und ganz normal. Wer noch weitere österreichische Vokabeln lernen möchte findet diese hier.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich das Land und die Leute bisher positiv wahrgenommen habe. Vor allem die Natur mit ihren Bergen, Seen und Flüssen sagt mir sehr zu. An der Donau joggen zu gehen ist einfach traumhaft. Natürlich finde ich manche Dinge fremd, doch nur weil es anders ist, muss es ja nicht gleich schlecht sein. Österreich und ich sind noch in der Kennenlernphase und es gibt noch viel zu entdecken. Da freue ich mich drauf!
Eure Miss Sophie
...um es auf Österreichisch zu sagen ba ba ;).
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